PRESSESTIMMEN
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Poträtkonzert vom 9. März 2000 im Linzer Brucknerhaus
Porträt: Komponist Hannes Raffaseder
Hervorragende Anwälte von Neuer Musik
Dem oberösterreichischen Komponisten
Hannes Raffaseder (geboren 1970 in Freistadt) war ein Porträtkonzert
am Donnerstag im Mittleren Saal des Linzer Brucknerhauses gewidmet.
Ausschließlich Werke von ihm standen auf dem Programm und zeigten
einerseits eine große Vielfalt
an Ausdrucksmöglichkeiten, andererseits eine bereits ausgeprägte,
persönlich gefärbte Musiksprache.
Hervorzuheben sind sein Einfallsreichtum
("short story" für Violine solo), eine rhythmisch lockere Hand
("Kurz und bündig" - kleine Klavierstücke zwischen Bartok
und Minimal Music) und die Freude am Experiment und am Ausloten technischer
Möglichkeiten ("Fünf Episoden" für Violoncello
und Live Elektronik). In dem Liederzyklus ". . . mit leergetrommeltem
Herzen . . . " nach Gedichten von Christine Lavant, spürt Raffaseder
lyrisch-dramatischen Elementen nach und verleiht ihnen überzeugende
Töne (ein mitgelieferter Textabdruck hätte diesen Eindruck
noch verstärkt.) Der Komponist selbst, sowie die Altistin Waltraud
Rußegger und die vier Streicher des Mentis Quartetts waren hervorragende
Anwälte der neuen Musik, die in der Uraufführung des Streichquartetts
"lost in cyberspace" einen abschließenden Höhepunkt
fand.
(Gerhard Ritschel)
Oberösterreichische Nachrichten
vom 11.3.2000
Die Linzer Veranstaltungsgesellschaft
und das Kulturamt der Stadt boten je ein Portraitkonzert, das Einblicke
in die stilistischen Eigenheiten gab, wobei der Begriff „Eigenheiten“
bei Hannes Raffaseder (* 1970 in Freistadt) tatsächlich in der
Mehrzahl zu verwenden ist: Der ausgebildete Nachrichtentechniker und
frühere Jazzer ist ein „klassischer“ Crossover-Spezialist, der
weder vor Genregrenzen noch vor stilistischer Unbekümmertheit
und atmosphärischen Wechselbädern halt macht.
Charakteristisch für seine kurzweiligen Kompositionen sind
rhythmische Vielfalt, Präzision, einfache harmonische Strukturen,
auch wenn diese, wie beispielsweise im Streichquartett lost in cyberspace,
einigermaßen komplex klingen. Auch die Auseinandersetzung mit
Technologie ist ihm ein Anliegen. Er hinterfragt kritisch ihre Allgegenwart
und verwendet sie gleichzeitig wie bei inFormation für Sprecher,
Klavier und Tonband – ein Stück, das stark etwa an Georges Antheils
Ballet mechanique erinnert –, oder er greift maschinelle Rhythmik
und ihre esoterische Konterkarierung auf, z.B. in kleinen Stücken
für Klavier (Kurz und bündig). Im Gestus der musikalischen
Frühmoderne, sehr dicht und expressiv, polyphon mit Steve Reich-Einsprengseln
ist der Liederzyklus ...mit leergetrommeltem Herzen... nach Gedichten
von Christine Lavant gearbeitet; ein flockiger Gegenpol dazu Der Lattenzaun
nach Morgenstern. Mit dem Mentis-Quartett und der Altistin Waltraud
Rußegger verfügte Hannes Raffaseder über ausgezeichnete
Interpreten.
(Reinhard Kannonier)
Österreichische Musikzeitschrift,
Nr. 5/2000
Hannes Raffaseder, 1970 in Freistadt
geboren, studierte Nachrichtentechnik an der TU Wien (Abschluss: Dipl.-Ing.),
weiters Improvisation und Komposition und besuchte einen Lehrgang
für Computermusik. Den bisherigen künstlerischen Weg bestimmten
eine längere Reihe von unterschiedlichen strukturierten Werken
in eher kleinen Dimensionen, wichtige Aufführungen, mehrere Auszeichnungen,
CD-Produktionen und Rundfunk-Sendungen. Eine wesentliche Anerkennung
seines Schaffens bedeutet es, dass er vom renommierten Musikverlag
Doblinger in der Reihe „Initiative 2000“ unter Vertrag genommen
wurde.
Sein Porträtkonzert (9. März
im Brucknerhaus) verdeutlichte auch sein Anliegen: „Musik ist heute
mehr denn je geprägt von einer Vielfalt an Ausdrucksmöglichkeiten,
stilistischen Ausprägungen, Spielarten usw. Trotzdem werden Genre-Grenzen
häufig sehr eng gezogen. Austausch passiert meiner Meinung nach
viel zu wenig.“ – Hierfür hat er unter Einbeziehung der vielfältigen
technischen Möglichkeiten der Elektronik schon einiges zm Positiven
hin erreicht, wie die sieben vorgestellten Titel mir ihrem musikantischen
Unterton und „quasitonalen“ Klangformen ausweisen.
Beispiele für die Einbeziehung
moderner Technik bilden das Stück „inFORMATION“ für Sprecher,
Klavier und Tonband, bei dem diese drei Elemente zu einem kompakten
Gebilde verschmelzen. Im Liederzyklus, „...mit leergetrommeltem Herzen...“
für Alt und Streichquartett stand die Elektronik Pate bei der
Erfindung der Klänge. In „Fünf Episoden“ für Cello
wird die Elektronik, vom Komponisten selbst geregelt, direkt in den
Ablauf einbezogen. Auf eher herkömmlicher Ebene sind mit minimalistischen,
skurilen und pointierenden Elementen die Klavierstücke „Kurz
und bündig“ und der „Lattenzaun“ für Frauenstimme solo,
richtig maßgeschneidert für die Morgenstern-Verse, angesiedelt.
Ein anderes Profil zeigt das zweisätzige Streichquartett, bei
dem sich verschiebende Klangflächen und schwungvoll kräftige
Musik zusammengespannt sind.
Der Komponist, die jungen Streicher
des Mentis-Quartetts und die mit Neuer Musik vertraute Altistin Waltraud
Rußegger waren ausgezeichnete Interpreten.
(Franz Zamazal)
Kulturbericht Oberösterreich,
Folge 5, Mai 2000