Eigentlich begann ich erst gegen Ende
meines technischen Studiums im Jahr 1995 (mehr oder weniger) ernsthaft
zu komponieren, auch wenn freilich schon früher einige wenige Werke
entstanden sind. Die Grundidee und die erste Fassung meiner Komposition
„...trotz allem (Zwölf für Arnold)“ markieren somit in gewisser
Weise auch den Beginn meiner kompositorischen Arbeit.
Meine damals zum Teil noch unwissende
Sicht auf die zeitgenössische Musik war (und ist es bis zu einem
gewissen Grad wohl auch noch heute...) geprägt von verschiedensten
Gegensätzen und ästhetischen Grabenkämpfen: Traditionsbewusstsein
gegen uneingeschränkten Fortschrittsglauben, „Melodien“ gegen
eine Abfolge von „Geräuschen“, konkrete, fühlbare Rhythmik
gegen komplexe, kaum nachvollziehbare Verhältnisse von Notenwerten,
emotionaler Gestus gegen rational begründbare, intellektuelle Ideen,
etc.
Wie sollte ich mich als Neu- und Quereinsteiger
positionieren?
Irgendwie war ich – und bin es bis zum
Teil auch noch heute – hin und hergerissen zwischen den verschiedenen
Meinungen, Strömungen, Schulen, die ich vor allem als Autodidakt
nach und nach kennen gelernt habe. Einerseits war ich fasziniert von
den vielfältigen Ideen, den Entwicklungen, Neuerungen, den fantastischen,
vorher nie gehörten Klängen, die die sogenannte Avantgarde
hervorgebracht hat. Andererseits war ich unzufrieden und hatte immer
das Gefühl, dass irgendetwas falsch gelaufen ist... (Von den vielen
Gegenströmungen, die es immer gegeben hat wusste ich einfach noch
zu wenig. Vielleicht ist das auch irgendwie bezeichnend...?)
Musik war und ist für mich Kommunikation
(...möglicherweise habe ich deshalb Nachrichtentechnik studiert?)
und kann somit nur funktionieren, wenn es erstens Sender und Empfänger
– also Komponist, Interpret und Hörer gibt – und diese zweitens
über die gleichen Codes verfügen, also die verwendete (musikalische)
Sprache verstehen.
Keinesfalls sollen daher Hörer aus ihrer „Pflicht“ entlassen werden,
sich das neue musikalische Vokabular ebenfalls anzueignen, um die neuen
Entwicklungen aufnehmen, erleben zu können.
Aber ist es wirklich sinnvoll, für jedes neue Werk eine völlig
neue Sprache zu erfinden, wie dies auch heute noch gelegentlich gefordert
(und gefördert...) wird?
Quasi als meine erste Antwort auf diesen
Zwiespalt habe ich „trotz allem... (Zwölf für Arnold)“ komponiert.
Arnold (Schönberg) steht dabei als Synonym für viele KomponistInnen,
die mich mit ihren Ideen, ihren Neuerungen fasziniert und somit bewusst
oder unbewusst beeinflusst haben.
Ich habe in diesem Werk versucht, einige dieser kompositorischen Konzepte
(vor allem die Zwölftontechnik) in einer für mich („trotz
allem“) passenden Form zu verwenden, dabei aber („trotz allem“) nicht
ganz auf jazzige, vielleicht sogar rockige Rhythmen und melodiöse
Anklänge zu verzichten.
Heute, also sechs Jahre später haben sich einige scheinbare Gegensätze
quasi von selbst aufgelöst und einige Missverständnisse geklärt.
Die grundsätzliche Fragestellung und die 1995 entworfenen Ideen
haben aber für mich im wesentlichen nach wie vor Gültigkeit.
In der gründlichen Überarbeitung des Stücks im Jahr 2001
habe ich vor allem versucht, Instrumentation und formale Aspekte auf
meinen aktuellen kompositorischen Wissenstand zu bringen...